Lieber Reinhard,
ich wende mich an dich mit der Bitte, ob du vielleicht helfen kannst oder eine Idee hast, die weiterhelfen kann:
Einmal in der Woche gebe ich Deutschunterricht für Geflüchtete. Darunter ist auch Yousef Ibrahim, 34 Jahre, aus Joum, Syrien. Yousef ist ein sehr zurückhaltender Mann, der alleine nach Essen gekommen ist. In Syrien war er Philosophielehrer. Er ist weder Muslim noch Christ, er hat kein religiöses Bekenntnis, versteht sich - in unseren Worten - als Humanist. Er ist syrischer Kurde und spricht arabisch und kurdisch und jetzt leidlich Deutsch. Seine Schwester wohnt mit Mann und zwei Töchtern in Essen-Schonnebeck, ein Bruder in Straubing bei München. Er selbst hat jetzt eine kleine Wohnung in Heisingen beziehen können.
Yousef konnte auf meine Vermittlung hin 6 Monate im Berufsfortbildungszentrum, Altenessen, wohnen und dort einen Deutschkurs machen sowie an einer berufsorientierenden Maßnahme in EDV teilnehmen. Vor einer Woche hat er die Deutschprüfung A2/B2 gemacht, in ca. 10 Tagen erfährt er, ob er bestanden hat. Eine Tätigkeit im Bereich EDV ist jedoch nichts für ihn, er hat in dem Computerkurs, wie er selbst sagt, kaum etwas verstanden.
Was er allerdings gerne machen würde, ist an das anknüpfen, was er bereits in Syrien gemacht hat: Dort hat er aus Ton, Stein und Holz kleine Skulpturen gefertigt. Vor einem Jahr hat er mir Fotos seiner Skulpturen gezeigt, die alle in Syrien bleiben mussten. Ich habe dann mit ihm eingekauft: Modelliermasse, Ton, Modellierwerkzeuge. Er hat einen Modellierkurs im Folkwang-Museum besucht, derzeit macht er einen Kurs an der Volkshochschule, wo er seine kleinen Skulpturen auch brennen kann. Im Anhang sende ich ein paar Fotos von seinen Skulpturen und von ihm. Zu seiner Skulptur "Sand in den Kopf" hat er geschrieben: "Diese Körperhaltung ist eine Gebetshaltung für Muslime, aber sie hat auch eine Bedeutung für alle Menschen. Jeder Mensch soll Gutes tun. Jeder Mensch soll sich für seine schlechten Taten schämen. Dann soll er am besten den Kopf in den Sand stecken. Ein Mensch soll nicht gegen andere Menschen wirken. Wenn ein Mensch schlecht gehandelt hat, dann soll er sein Gesicht vor den anderen Menschen verbergen oder vor Gott."
Meiner Einschätzung nach wäre es jetzt für ihn gut, wenn er ein Praktikum machen könnte im künstlerisch-bildnerischen Bereich, evtl. auch handwerklich in einem Steinmetz-Betrieb. Er würde dann durch den Kontakt mit Deutschen auch schneller Deutsch lernen können. Er selbst ist sehr motiviert Deutsch zu lernen. Er hat einen Aufenthaltsstatus und eine Arbeitserlaubnis.
Hast du vielleicht eine Idee, wie wir Yousef das Einfinden und Fuß fassen in Essen erleichtern können?