"Was heißt gute
Bleibeperspektive?", fragt das BAMF
in seinen FAQs zum Integrationskurs. Und gibt sich prompt
selbst die Antwort: "Menschen, die aus Herkunftsländern mit
einer Schutzquote von über 50 Prozent kommen, haben eine gute
Bleibeperspektive."
Sehen wir mal einen Moment davon ab, dass die mathematische Messung der "Bleibeperspektive" anhand der statistischen Schutzquote im Asylverfahren im besten Fall eine denkbar ungeeignete Methode zu Interpretation eines unbestimmten Rechtsbegriffs, im schlechtesten Fall völliger Unfug ist. Sondern halten wir uns an die BAMF-Definition (die mittlerweile offenbar auch von der BA übernommen worden ist). Wer hat denn nun als noch nicht anerkannter Asylsuchender Zugang zum Integrationskurs? Das BAMF schreibt: "2016 trifft dies auf die Herkunftsländer Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia zu." Soweit so bekannt. Und weiter: "Welche Herkunftsländer das Kriterium Schutzquote (>/= 50 %) erfüllen, wird halbjährlich festgelegt."
Ein Blick in die neue Asylstatistik
für 2016 zeigt folgendes Bild:
Die BAMF-Statistik
zeigt: Im gesamten Jahr 2016 betrug die Schutzquote afghanischer
Asylantragsteller*innen 55,8 Prozent. Das heißt: Nach
der BAMF-internen Logik haben Afghanin*innen eindeutig eine gute
Bleibeperspektive und müssten nun auch schon während des
Asylverfahrens in die Integrationskurse zugelassen werden - wenn
das BAMF denn seinen selbst aufgestellten Kriterien treu bleiben
würde.
Dasselbe gilt für die berufsbezogene Deutsch-Sprachförderung nach § 45a AufenthG. Da zudem die Bundesagentur für Arbeit absurderweise die formalistische Defintion des BAMF ebenfalls übernommen hat, würde dies auch für die frühzeitige Arbeitsförderung in den ersten Monaten nach § 131 SGB III sowie für Ausbildungsförderung nach § 132 Abs. 1 SGB III gelten.
Mir ist bislang nicht zu Ohren gekommen, dass afghanische Asylsuchende nun zum Integrationskurs zugelassen würden. Aber: Es würde sich sicher lohnen, jetzt Anträge auf Zulassung zu stellen und bei einer Ablehnung beim Verwaltungsgericht zu klagen. Dasselbe gilt erst Recht (übrigens nicht nur für Afghan*innen) bei einer Ablehnung von Ausbildungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit.
Es wird Zeit, dass das absurde Konzept der gewahrsagten Bleibeperspektive wieder abgeschafft wird! Es muss darum gehen, allen Menschen frühestmögliche Teilhabe zu ermöglichen - statt sie nach fragwürdigen Kriterien in "gute" und "schlechte" Schubladen zu sortieren. Die ideologische Konstruktion der "Bleibeperspektive" ist in erster Linie ein politisches Instrument zur gezielten Verhinderung von Teilhabe und zur Exklusion bestimmter Flüchtlingsgruppen. Der Begriff "Bleibeperspektive" sollte in diesem Sinne schnellstens aus unserem Wortschatz gestrichen werden!
Liebe Grüße
Claudius
-- Claudius Voigt Projekt Q - Büro für Qualifizierung der Flüchtlings- und Migrationsberatung Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA Flüchtlingshilfe) Hafenstraße 3-5 48153 Münster Fon: 0251 14486-26 Mob: 01578 0497423 Fax: 0251 14486-20 voigt@ggua.de www.ggua.de www.einwanderer.net Das Projekt Q wird gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie durch das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW (MIK). Das Projekt Q ist Teilprojekt im IQ Netzwerk Niedersachsen. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert. In Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die GGUA Flüchtlingshilfe ist Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV). Falls Sie im Bereich der Flüchtlingsarbeit in NRW auf dem Laufenden bleiben wollen - hier können Sie sich in die "Infoliste Münsterland" eintragen: http://www.ggua.de/ggua/fuer-den-newsletter-anmelden/
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