Liebe Kolleg*innen,
das Verwaltungsgericht Arnsberg hat in einer Eilentscheidung
vom 29. September 2016 die Ausländerbehörde der Stadt Hamm
verpflichtet, einem albanischen abgelehnten Asylantragsteller
einstweilig eine Duldung inklusive einer Arbeitserlaubnis für
eine betriebliche Ausbildung zu erteilen.
Dabei stützt sich das VG Arnsberg vor allem auf drei Argumente:
- Es besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer
Duldung für eine qualifizierte Berufsausbildung nach § 60a
Abs. 2 Satz 4 AufenthG, wenn jemand eine Ausbildung aufnimmt
oder aufgenommen hat und kein Arbeitsverbot nach § 60a Abs. 6
AufenthG vorliegt. Ein solches Arbeitsverbot liegt nicht vor,
wenn ein ehemaliger Asylantragsteller aus einem "sicheren
Herkunftsstaat" seinen Asylantrag (bzw. sein Asylgesuch, also
die erste Registrierung, vgl. VG
Freiburg, Beschluss vom 20. Januar 2016) vor dem 1.
September 2015 gestellt hat - auch wenn der Asylantrag abgelehnt
worden ist. Das gleiche dürfte unserer Überzeugzeugung nach
gelten, wenn der Asylantrag / Asylgesuch zwar nach dem
31. August 2015 gestellt worden ist, dieser aber nicht
abgelehnt worden ist, weil er zurückgenommen wurde.
- Der Ausschluss, wenn "konkrete Maßnahmen zur
Aufenthaltsbeendigung bevorstehen" , ist nach
Auffassung des VG ebenfalls nicht gegeben, da hierfür bereits aktive
Maßnahmen der Behörde eingeleitet sein müssten - etwa die
Beantragung von Passersatzpapieren, die Terminierung einer
Abschiebung oder die Einleitung eines Dublin-Verfahrens. Im
konkreten Fall hatte sich die ABH auf ein terminiertes
Informationsgespräch zur freiwilligen Ausreise beim
Caritasverband gestützt. Aber: "Ein Gespräch, das zur
Information über die Möglichkeit und den Ablauf einer
freiwilligen Ausreise geführt wird, damit letztlich nur eine
Option aufzeigt und zudem nicht im Verantwortungsbereich einer
Behörde sondern eines anderen Rechtsträgers liegt, hat bezogen
auf die Aufenthaltsbeendigung keine den genannten Maßnahmen
vergleichbare Qualität. (...) Das rechtfertigt aber allenfalls
den Rückschluss, dass die Abschiebung nicht bevorsteht,
solange ein solches Gespräch nicht stattgefunden hat, aber
nicht den Umkehrschluss, die Abschiebung stehe bevor, sobald
es stattgefunden hat."
- Wenn keine Ausschlusskriterien für die Ausbildungsduldung
erfüllt sind, darf die Ausländerbehörde nicht einfach über eine
Verweigerung einer Arbeitserlaubnis den Zugang zu derselben
torpedieren. Die Erteilung bzw. Verweigerung einer
Arbeitserlaubnis ist eine Ermessensentscheidung. Somit
muss für einen ordnungsgemäßen Bescheid zumindest eine Ermessensabwägung
angestellt werden - die schlichte Verweigerung einer
Arbeitserlaubnis ist jedoch keine Ermessensabwägung.
Wir fügen hinzu: Aus unserer Sicht ist
das Ermessen für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis stets
auf Null reduziert, wenn die Voraussetzungen für die
Ausbildungsduldung ansonsten erfüllt sind. Denn der Gesetzgeber
hat nicht ohne Grund zum 6. August die Ausbildungsduldung als
Anspruchsregelung eingeführt, um den Betrieben und des
Auszubildenden Rechtssicherheit zu geben. Dieser politische
Wille des Gesetzgebers darf nicht auf kaltem Wege in Form der
Verweigerung einer Arbeitserlaubnis ausgehebelt werden Auch das
oft gehörte Argument "Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten
sollen gehen und sich nicht integrieren" ist rechtlich nicht
akzeptabel, da die Ausbildungsduldung nun ausdrücklich auch
Menschen aus "sicheren Herkunftsstaaten" als Anspruchsnorm
offensteht.
Liebe Grüße
Claudius
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Claudius Voigt
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